Die Erleichterung ist groß und auch die Überzeugung der Politik, dass nach dem Marathon-Gipfel in Brüssel ein großer Wurf gelungen sei. Auf jeden Fall ging es um sehr viel Geld. Die EU-Staaten einigten sich auf das größte Haushalts- und Finanzpaket ihrer Geschichte. Eintausendachthundert Milliarden Euro standen zum Beschluss und nach zähem Ringen gelang die Verabschiedung. 750 Milliarden Euro sollen nach den Corona-Abstürzen die Wirtschaft in Europa wieder in Gang bringen und knapp eine Billion Euro umfasst der EU-Haushaltsrahmen für die nächsten sieben Jahre. Vom Wiederaufbaufonds über die 750 Mrd. Euro sollen 390 Milliarden als Zuschüsse und 360 Milliarden als Kredite vergeben werden. Angela Merkel und der französische Präsident Macron wollten freigiebiger sein und 500 Milliarden als Zuschüsse vergeben, von denen in der Hauptsache die südeuropäischen Länder wie Spanien und Italien profitieren, da ihre Wirtschaften während der Pandemie am stärksten litten. Die „sparsamen Fünf“, ein Alpen-Benelux-Skandinavien-Koalition aus Österreich, Niederlande, Dänemark, Finnland und Schweden, wehrten sich dagegen und forderten primär die Kreditvergabe. Worauf ein Kompromiss über 390 Mrd. folgte. Die Haftung der Mitgliedsländer für die aufgenommenen Schulden ist begrenzt auf den Anteil an den Einzahlungen in den EU-Haushalt.
Wir befürworten die Beschlüsse der EU und dass hier massive Maßnahmen beschlossen wurden, um die europäische Wirtschaft nach den beispiellosen Abstürzen im ersten Halbjahr 2020 wieder zu stimulieren. Was uns jedoch beunruhigt, ist dass diese Beschlüsse nun wohl auch einen Einstieg in eine Transfer- und Schuldenunion bedeuten. Die EU nimmt nun erstmals selbst in großem Umfang Schulden auf. Dies ist eine Zäsur! Und es ist nicht zu erwarten, dass es bei einem einmaligen Akt bleibt. Jetzt ist der Bann gebrochen. Deutschland hat sich immer vehement gegen eine Transferunion gewehrt, auch Kanzlerin Merkel – zumindest öffentlich. Jetzt hat sie mit Macron zusammen den Einstieg vollführt, vielleicht war das für die Politik die Gelegenheit, diesen in der deutschen Öffentlichkeit unpopulären Schritt umzusetzen, Not kennt schliesslich kein Gebot.
Was dies langfristig für die EU bedeutet, werden wir sehen. Die Gefahren einer Schulden- und Transferunion sind jedoch evident, deshalb wurde diese bei der Einführung des Euro von den beteiligten Politikern ja auch absolut ausgeschlossen.