US-Iranpolitik: Eskalation am Persischen Golf?
Die USA gehen aktuell weiter gegen den Iran vor. Donald Trump und die Hardliner in seiner Administration setzen auf Konfrontation und schicken Flugzeugträgergeschwader in den Persischen Golf. Der bereits hohe wirtschaftliche und politisch-militärische Druck auf den Iran steigt weiter. Die iranische Führung will gegenüber der eigenen Bevölkerung Stärke und Handlungsfähigkeit demonstrieren und droht mit Vergeltungsmaßnahmen. Wie ist die Eskalation zu beurteilen? Mehr als Säbelrasseln? Was ist zu erwarten in dieser auch für unsere Wirtschaft extrem wichtigen Region?
Jürgen Chrobog, Präsident des Europäischen Senates-Politik der Wir Eigentümerunternehmer, Staatssekretär des Auswärtigen a.D. und langjähriger deutscher Botschafter in Washington beleuchtet im folgenden die Hintergründe und möglichen Konsequenzen der Entwicklungen.
Nach ihrem Ausstieg aus dem Nuklearabkommen mit Iran vor einem Jahr haben die USA zusätzlich zu den Strafmaßnahmen gegen den Ölsektor und die Einschränkungen des Banken- und Zahlungsverkehrs nunmehr auch die Exporte von Stahl, Kupfer, Aluminium und Eisen untersagt.
Fakt ist, dass Iran seit Vertragsschluss bis heute nicht gegen Wortlaut und Geist des Nuklearabkommens verstoßen hat. Das Abkommen ist kein Friedensvertrag, kein Übereinkommen zu allgemeinem Wohlverhalten, sondern war ausschließlich darauf gerichtet, die atomare Aufrüstung Irans zu verhindern. Bei zahlreichen Inspektionen der IEAO wurde die Vertragstreue Teherans immer wieder bestätigt.
Die Kündigung des Nuklearabkommens vor einem Jahr war dem Wahlkampf vor den amerikanischen Zwischenwahlen geschuldet. Die jetzt erweiterten Sanktionen zielen bereits auf die Präsidentschaftswahlen 2020. Trump sieht sich als Garant Israels. Er hatte bereits im vergangenen Jahr einseitige Entscheidungen zugunsten Israels getroffen – ohne Abstimmung mit den Europäischen Verbündeten und ohne Rücksicht auf den Friedensprozess im Nahen und Mittleren Osten.
Das gespannte Verhältnis zum Iran und die engen Beziehungen zu Israel sind die zwei Seiten derselben Medaille der amerikanischen Innen- und Außenpolitik. Die Gegnerschaft zu Iran eint alle US Parteien – die Geiselnahme von US Diplomaten 1979 bleibt unvergessen. Die US Unterstützung Israels in einem spannungsgeladenen arabischen Umfeld ist grundsätzlich garantiert – auch wenn frühere Präsidenten manchmal andere Akzente gesetzt hatten. Hier kann Trump im Wahlkampf Punkte sammeln.
Sicherheitsberater John Bolton und Außenminister Mike Pompeo sind die treibenden Kräfte hinter Trump. Besonders Bolton hat seit Jahren einen Regimechange im Iran gefordert. Er steht hier ganz auf der Seite des Israelischen MP Netanjahu. Dieser weiß, dass die derzeitige US Regierung fast bedingungslos hinter ihm steht. Israel ist seit langem der Überzeugung, dass eine militärische Intervention im Iran unausweichlich ist und schiebt die US Regierung immer mehr vor sich her. Man kann nur hoffen, dass Trump zu dem steht, was er nach dem Ende der Obama Regierung angekündigt hat: Schluss mit amerikanischen Militärinterventionen.
Die USA haben Bombenflugzeuge und Kriegsschiffe in die Golfregion verlegt und damit die militärische Abschreckung erhöht. Deeskalieren und Abwägen passen nicht in das Weltbild des amerikanischen Präsidenten. Militärexperten verweisen immer wieder zu Recht auf die Gefahr, dass sich aus Kleinigkeiten eine Katastrophe ergeben kann. China und Russland bleiben weiter Verbündete des Iran.
Die Europäer müssen Einigkeit zeigen und beide Seiten zur Mäßigung aufrufen. Präsident Rohani hat damit gedroht, den Seeweg durch die Straße von Hormus zu sperren und damit die weltweite Ölversorgung zu blockieren. Dieser Schritt hätte erhebliche wirtschaftliche Folgen auch für Europa. Trump hat die rote Linie deutlich markiert. Eine US Militäraktion wäre mehr als wahrscheinlich.
Beide Seiten müssen von einer derartigen Eskalation abgehalten werden. Verlieren würden wir alle. Wollen wir wirklich einen Sturz der iranischen Regierung? Viele Regime in dieser Region sind bereits gefallen. Mit welchen Folgen? Syrien, Irak, Ägypten, der Bürgerkrieg im Jemen – nirgendwo haben sich die ursprünglichen Hoffnungen erfüllt. Im Gegenteil, alles ist nur schlimmer geworden.
Vor einem Umsturz im Iran kann man nur warnen. Die durch die Sanktionen herbeigeführte wirtschaftliche Lage ist bereits heute desaströs. Neue Fluchtbewegungen und Terror wären die Folge dieser amerikanischen Politik. Die Risiken für die Europäischen Volkswirtschaften sind kaum zu überschätzen.
Rohani hat bisher nur zwei Verpflichtungen des Vertrages ausgesetzt. Er hat Europa ein Ultimatum von 60 Tagen gestellt, um die Folgen der US Sanktionen auszugleichen. Dieses Ultimatum ist bereits von den EU Außenministern zurückgewiesen worden. Aber was können wir tun?
Alle Bemühungen der letzten Monate, den Handel mit iranischen Firmen aufrechtzuerhalten, waren nicht gerade von Erfolg gekrönt. Europäische Mittelständische Unternehmen, die viel im Iran investiert hatten, sind von den USA brüskiert worden. Die schon immer geringen deutschen Exporte sind fast zum Erliegen gekommen. Welche deutsche und europäische Firma kann es sich schon leisten, sich den amerikanischen Embargomaßnahmen zu widersetzen. Viele der von ihnen exportierten Produkte haben auch amerikanische Komponenten und fallen damit unter das Embargo. Firmeninhaber wollen für sich auch nicht zukünftige Reisen und Geschäfte in den USA unmöglich machen. Und schließlich sind die Finanzierungsprobleme nie gelöst worden, trotz aller klugen Entwürfe der EU Kommission. Alle von der EU Kommission geäußerten Versprechungen, den Unternehmen Wege aufzuzeichnen, die US Sanktionen zu umgehen, blieben wertlos. Es ist zu befürchten, dass wir auch in 60 Tagen nicht weiter sein werden.
Die Chinesen werden mit ihren Exporten, soweit sie können, die vom Iran hinterlassene Lücke füllen. Insgesamt wird sich der Konflikt im Nahen und Mittleren Osten verschärfen.
Keine guten Aussichten für die Weltwirtschaft!
Jürgen Chrobog
Staatssekretär a.D. und ehemaliger Botschafter in Washington
Präsident Europäischer Senat-Politik der Wir Eigentümerunternehmer